Vervollständigt bis zum 100 jährigen Jubiläum
von den ehemaligen Vereinsschriftführern Th. Kimmina und K. H. Junker
Lange schon ist die äußere Trennung gefallen zwischen dem Gebiet des alten Stiftes St. Mauritz und der Stadt Münster. Kaum ein Zeichen steht noch, das auf die Selbständigkeit der alten Immunität hinwiese, kaum ein Merkmal dafür, daß zwischen der Immunitas St. Mauritii und dem Stadtgürtel nichts war als Feld und Weide, nichts als magerer Baumbestand und bodenloser Feldweg, der aus der Mauritz-Porte herauslief durch dies Trüppchen Mauritzer Häuser, an Nobis-Krug vorbei über Telgte nach Warendorf und weiter. die stille Abgeschiedenheit von St. Mauritz, in der die gute dicke St. Mauritzkirche ein freundlicher Sammelpunkt war, ist vom Häusermeer der Stadt verschlungen. Die Neuzeit hat Mauern und Grenzen gesprengt, ist dahergeschritten weit über Mauritzer Gebiet hinaus und hat dem Unkundigen die Erinnerung an eine ehemalige Abgeschlossenheit verwischt.
So sind die Mauritzer aus ihrer geschichtlichen Sonderstellung zur Stadt ein Sondervölkchen geblieben mit eigenem Sinn und eigenem Wollen. Wohl liebt auch der Mauritzer seine Stadt, für die man ja lange Jahrhunderte gelitten hat, aber sein Mauritz liebt man doch über die Maßen. Hier schichtet sich zusammen, was in der gemeinsamen Liebe zu Mauritz sich trifft. Im Wahrzeichen des dicken Turms mit seiner geschwungenen Bleihaube spielen sich gesellschaftliche und soziale Ereignisse ab, trifft man sich zu Fest- und Brüderlichkeit, eint man sich in Interessenverbänden, in die nur die Mauritzer aufgenommen werden kann. Ein Fremder könnte sich schwerlich wohlfühlen in einem Kreise, der eine so bodenständige, aus äußeren und inneren Gründen notwendige Zusammengehörigkeit hat. Gar kein Wunder, daß seit der Nachkriegszeit der glorreichen siebziger Jahre in Mauritz eine eigene Schützenbruderschaft besteht. Schützenvereine sind auf dem Boden geschichtlicher Tradition zu Hause. Sie haben dort eine besondere Berechtigung, wo Interessen und Umgegend eine gesonderte Gemeinschaft sind. Das mag wohl eine echte Mauritzer Versammlung gewesen sein am Tage Maria Heimsuchung im alten Gasthaus Clemens Herbring an der Warendorfer Straße. Schade genug, daß diese alte, breit auslaufende, mit dem Dach fast bis zur Erde rechende Gebäude vor dem Nordtor der Immunität dem Abbruch zum Opfer gefallen ist!. Ein Stück verträumte Trautheit ist mit diesem Geburtshaus des Mauritzer Schützenvereins aus dem Straßenbild verschwunden. Den älteren Nachbarn an jener Ecke der Kirchstraße klingt wohl noch das fröhliche Gefiedel und Gedudel im Ohr, das fast jeden Sonntagnachmittag aus dem Herbringschen Saal über die Straße drang. Dieser Saal, getrennt vom Hause, niedrig und lang die Straße gebaut, zur Hälfte Pferdestall, zur anderen Hälfte Festsaal, war die eigentliche Geburtsstätte des Schützenvereins. Nach altem Brauch, der auch heute noch lebendig ist im Mauritzer Viertel, hatte man sich an der großen Prozession nach Telgte beteiligt und kehrte nachmittags mit Staub auf den Schuhen und in der Kehle durstig bei Herbrings ein. Das war ebenfalls alter Brauch und gutes Recht nach Gebet und Sang und langem Marsch. Dieses mal aber sprang lebendig der Gedanke an die Gründung einer Schützengemeinschaft dazwischen. Wenn die zu Lamberti eine Schützenbruderschaft hatten, potztausend! Das hatte man in Mauritz auch wohl verdient und das brachte Mauritzer Freundschaft zueinander wohl auch noch fertig!
Spärlich nur sind die Nachrichten aus den ersten Jahren des Vereins. Statuten aus jenen Jahren sind nicht vorhanden. Man weiß nur, daß kein anderes Ziel den Verein ins Leben rief, als es heute noch gültig ist in seinen Reihen: Pflege der Einheit, Pflege der Kameradschaft, Pflege des Gemeinsinnes, der im schönen Mauritz immer starke Wurzeln geschlagen hatte und die Liebe zum Vaterland. Diese Richtlinien ziehen sich wie ein roter Faden durch das ganze Leben des Vereins.
Die erste Vereinstätigkeit war die Erhebung eines Beitrages von 3 Mark von jedem Mitglied. Dann feierte man das erste Schützenfest in den Anlagen des Wirtes Bertling auf St. Mauritz und ging nach dem üblichen Vogelschießen zum Tanzsaal nach Herbrings zurück. Es war damals wohl nicht anders in Mauritz als heute auch, wenn man dort feiert, dann feiern Gemeinsinn und Einigkeit mit und sind gute Festhelfer bis in die späten Stunden. Wie hätte man sonst auch stolz auf die bald angeschaffte Fahne schreiben können: „Die Eintracht blühe!“ Aus den ersten Tagen stammen auch die Ausrüstungen für die Offiziere. Man ging also sofort planmäßig und umsichtig vor. Leider verschweigt die Tradition die Namen der Offiziere. Bei dem Fehlen jeder schriftlichen Überlieferung ist umso wichtiger, dass jede auch geringfügige Tatsache und Begebenheit aus dem Vereinsleben festgehalten wurde, damit für spätere Zeiten die Geschichte nicht gar zu lückenhaft erscheine. Zu diesen Geringfügigkeiten gehört, daß man bis zum Jahre 1903, also 27 Jahre lang von den Festteilnehmern keinen festen Beitrag erhob. Wer an den Festlichkeiten: Schützenfest, Sommerfest und Winterfest nicht teilnahm, zahlte nicht. Erst im Jahre 1903 wurde der Festbeitrag in einen Jahresbeitrag von 3 Mark umgewandelt, den natürlich auch die säumigen Besucher zu zahlen hatten.
Aus dem Gemeinschaftssinn des Vereins entstand schon im Jahre 1884 die Sterbekasse, die 20 Jahre lang, bis 1904 mit der Gesellschaft vereinigt blieb, seitdem aber selbständig weitergeführt wird. Von diesem Jahre an heißt der Schützenverein: Schützenbruderschaft St. Mauritz.
In völliger Verkennung des Wertes bürgerlicher Gemeinschaften, zumal der im ganzen deutschen Volke lebendigen Schützenbruderschaften, erließ eine hohe Behörde in den neunziger Jahren das Gebot, daß öffentliche Umzüge der Schützengesellschaften nicht mehr stattfinden dürften! Das war ein Schlag gegen jede Tradition Jahrhunderte alter Vereine! Erregt verhandelte man untereinander, und man war durchaus nicht gewillt, ein solches in das alte Recht und in das Leben der Schützenvereine einschneidendes Verbot in Ruhe und Gehorsam hinzunehmen, in der ganzen Stadt Münster nicht und ebensowenig in St. Mauritz. Im Gegenteil: Die Mauritzer Schützenbruderschaft machte sich aus diesem Verbot eine Sonderfreude. Nie war das Fest stärker besucht als in diesem Jahre bei Weppelmann an der Warendorfer Straße, gegenüber der Linnenbrinkschen Gartenwirtschaft. Auch Weppelmann hatte zur Wirtschaft einen ausgedehnten Garten, der zur Straße hin mit einem eisernen Tore abschloß. Übermütig versammelte man sich im Garten zum Umzug, der draußen verboten war. Auf dem Handstock reitet der Oberst dem Zuge voraus. Mit Singen und Klingen geht es durch den Garten bis zum Tor. Und dann wird „Gänsemarsch“ kommandiert. Mag fröhlicher Zug gewesen sein, der so der Behörde zum Schnippchen unter dem freundlichen Schmunzeln der Zuschauer durch die Mauritzer Straßen im Gänsemarsch zum Scheibenstand beim Wirte Abeck, am heutigen neuen Friedhof, sich schlang. Der Rückzug war nicht anders. Man protestierte auf diese Weise gegen das unverständliche Verbot. Schließlich erfocht der von den Schützenbruderschaften mit gerichtlicher Klage beauftragte Justizrat Löbker den Sieg: das Verbot wurde aufgehoben und ungehindert konnten die Umzüge wieder stattfinden. In stetem Aufstieg ging der Verein zur Jahrhundertwende und feierte 1901 das Fest des fünfundzwanzigjährigen Bestehens. Dann aber kamen schlimme Monate. Das Rückgrat jeder Vereinsführung, die Kasse, war schwach und siech. Gegen 236 Mark Schulden stand 4,55 Mark an Kassengeld. Eine trübe Lage, die dem damaligen Kassierer manch sorgenvolle Stunden bereitete. Der Königsball des Jahres 1902 schien gefährdet und damit eine wichtige Lebensquelle der Bruderschaft außer Tätigkeit gesetzt. Da halfen im letzten Augenblick der neugewählte Präsident Christof Anhalt und der König Josef Böcker, indem sie die Kosten des Festes für sich übernahmen. Ein besonderes Gedenken gebührt hier dem leider zu früh gestorbenen Präsidenten Anhalt. Seine Leitung war für die Schützenbruderschaft eine Zeit neuen Aufschwungs und innerer Kraft. Seine erste Tat war die Sanierung der Kassenverhältnisse. Schon im Jahre 1903 waren nicht nur alle Schulden gedeckt, sondern man erfreute sich noch der hübschen Summe von 930 Mark in der Vereinskasse. Der Mitgliederstand hob sich höher und höher, die Festlichkeiten blühten in frischem Leben, unter seiner Leitung geschah die endgültige Namensgebung des Vereins. Was die Bruderschaft heute ist, verdankt sie zum großen Teil den tüchtigen Grundlagen, die Christof Anhalt ihr in den Jahren seiner Präsidentschaft von 1902 – 1908 gab. Die Abnahme der Kräfte zwang den Präsidenten zum Rücktritt von seinem Amte. Aber man war sich seiner großen Verdienste wohl bewußt und ernannte ihn zum Ehrenpräsidenten der Schützenbruderschaft St. Mauritz. Nach ihm bekam Friedrich Schumacher die Führung und weiter ging der Aufstieg bis der Weltkrieg seinen Tod auch in das Leben der Bruderschaft schickte. Die wehrfähigen Männer rückten aus, zu Zusammenkünften war unter dem Leid des Volkes keine Zeit. Man tat aber eine gute Tat, indem man den ganzen Kassenbestand an die hilfsbedürftigen Frauen der im Felde stehenden Mitglieder verteilte und somit nicht nur manche Not linderte, sondern auch das Geld vor der kommenden Entwertung schützte. So unglücklich auch der Ausgang des Krieges war, mutlos hat er das deutsche Volk nicht gemacht. Schon bald nach dem Kriege regte es sich von neuem in den Lebensadern des deutschen Volkes. Von neuem schloß man sich zusammen und füllte die durch den Krieg gerissenen Lücken. Von neuem blühten die alten Verbände wieder auf. Und so war auch schon im Jahre 1918 Mauritzer Geist wieder wach, um in der alten Bruderschaft sich neu zu sammeln. In schöner Frische blühte bald das alte Leben wieder auf. Sind auch die Zeiten äußeren Glanzes für lange Zeit vorüber, so ist die innere Kraft dieselbe geblieben und ist mehr als vollgültiger Ersatz für manche entbehrliche Äußerlichkeit. Stark und stärker ist nun die Bruderschaft St. Mauritz geworden. Genügte bei der bisherigen Mitgliederzahl die Einheit einer Kompanie, so mußte man im Jahre 1924 sich dazu entschließen, die Schützen in drei Kompanien einzuteilen.
Zum goldenen Jubelfeste wehte die neue Fahne über den alten Idealen. Ihr sinnvoller Schmuck sind zwei alte Wahrzeichen von Mauritz: die fast 900jährige Mauritzkirche und die alte Dechanei, der Sitz des Dechanten des ehemaligen Stiftes St. Mauritz, ein Träumer von vergangener Mauritzer Geschichte, eine Stätte mancher Fröhlichkeit unter den Kapitelsherren, die sich nach den Kapitelssitzungen in die Feuerstellen bergenden Gebäude beim Wein wohl vergnügten. Verschwunden sind die Zeiten des Stiftslebens, verklungen die Schritte der Capitularen in der Immunität. Geblieben sind noch die alten Wahrzeichen, die die Schützenbruderschaft St. Mauritz in ihre Fahne übernommen hat, ein Zeichen frommer Gesinnung und froher Eintracht.
Über das 50jährige Jubelfest, welches in allen Teilen glänzend verlaufen war, wurde noch wochenlang gesprochen. Im Interesse der Bruderschaft gab es auch nun kein Rasten, sondern es wurde tatkräftig weitergeschafft. In traditioneller Form wurde Jahr für Jahr das Schützenfest, Sommerfest und auch das Winterfest gefeiert. Das vom Jubelkönig Hülsbömer beim Dienstag-Frühschoppen eingeführte Dicke-Bohnen-Essen mit Speck hatte so starken Anklang gefunden, daß es auch für die Folge beibehalten wird. Um den Nachwuchs des Vereins zu fördern, bildete man eine Jungschützen-Kompanie. Außerdem ließ die Bruderschaft aus eigenen Reihen ein Trommlerkorps ausbilden. Nachdem im Jahre 1930 (17.06.1930) die Erphokirche fertiggestellt war, beschloss die im Juli des gleichen Jahres abgehaltene Generalversammlung, den Vereinsnamen in „Schützenbruderschaft St. Mauritz-Erpho“ abzuändern. Im Jahre 1936 feierte die Bruderschaft in besonders glänzender Form ihr 60jähriges Jubelfest. Eine ausführliche Vereinschronik wurde hierzu vom damaligen 1. Schriftführer Theo Kimmina gefertigt. Vom Schützenbruder Jos. Sterneberg wurde das Chronik-Buch angefertigt und der Bruderschaft als Geschenk gemacht. Einige Jahre später erfolgte unter dem Druck der damaligen Machthaber ein Zusammenschluss der Bruderschaft mit dem Nachbarverein „Freischütz-Bohlweg“, wodurch der Vereinsname auf „Schützen-Verein Mauritz-Freischütz“ abgeändert wurde. Durch diesen Zusammenschluss ließ jedoch das bisherige Vereinsinteresse gewaltig nach. Keiner ahnte zu dieser Zeit, daß ein zweiter Weltkrieg vor der Tür stand. Nach Kriegsausbruch 1939 und der damit verbundenen Einberufung zur Wehrmacht, kam das Vereinsleben nach und nach zum Erliegen. Viele unserer Schützenbrüder ließen auf dem Felde der Ehre ihr Leben. Auch selbst in der Heimat wurden durch den Bombenkrieg mehrere Schützenbrüder sowie Familien-Angehörige ein Opfer dieses gewaltigen Krieges. Bei manchem ist auch der Verlust von Hab und Gut zu verzeichnen. Die ausgearbeitete Vereinschronik ist ebenfalls unter dem Schutt begraben worden. Wichtige Einzelheiten über das Vereinsleben gingen hierdurch verloren.
Trotzdem der Krieg zahlreiche Spuren hinterlassen hatte, wurde im April 1949 von zwei Schützenbrüdern, und zwar von den im Jahre 1923 ernannten Ehrenpräsidenten Fritz Schumacher und Heinrich Kreilmann, der Gedanke vieler ehemaliger Schützenbrüder in eine Tat umgesetzt, und die frühere Schützenbruderschaft „St. Mauritz-Erpho“ erneut ins Leben gerufen. Unermüdlich war Schützenbruder Kreilmann unterwegs. Infolge Fehlen von früheren Mitgliederlisten, suchte Kreilmann persönlich die noch bekannten Schützenbrüder auf und lud diese zur Versammlung, die am 24. April 1949 beim Schützenbruder Theo Frönd abgehalten wurde, ein. 19 frühere Mitglieder folgten diesem Ruf. Ein vorläufiger Ausschuss von fünf Personen (Schumacher, Kreilmann, Masolle, Th. Kimmina, Kl.-Brockmann) wurde bestimmt und ihnen auferlegt, Vorarbeiten für eine Generalversammlung zu treffen und Einladungen dieserhalb ergehen zu lassen. Erstmalig tagte der Ausschuss am 27. April 1949 im Lokal Korte-Scho und kam überein, auch die vorgesehene General-Versammlung in diesem Lokal zum 14. Mai 1949 einzuberufen. Außer persönlichen Einladungen wurden durch angebrachte Plakate in den Geschäften der Pfarreien Mauritz und Erpho und durch Zeitungsnotizen auf diese Generalversammlung hingewiesen. Das Erscheinen von 42 früheren Mitgliedern und acht Neuaufgenommenen war der Erfolg für die geleistete Arbeit des Ausschusses. Ehrenpräsident Schumacher leitete persönlich diese Versammlung. Es wurde ein vorläufiger Vorstand gewählt (1. Vorsitzender H. Dropmann, 2. Vorsitzender H. Kreilmann, 1. Schriftführer Theo Kimmina, 2. Schriftführer H. Kogge, Kassierer K. Masolle). Noch am gleichen Abend beschloß die Bruderschaft, am 28. Juli 1949 bei dem Schützenbruder Deitert Schützenfest zu feiern. Der Mitgliedsbeitrag wurde auf DM 6,- pro Jahre festgesetzt. Eine Hutsammlung von 70,20 DM brachte den ersten Kassenbestand. Das erste Schützenfest war ein unerwarteter Erfolg. Die Mitgliederzahl war inzwischen wieder auf über 250 Personen angewachsen. Traditionsgemäß wie in Vorkriegsjahren, folgten Sommer- und Winterfest.
Infolge des dauernden Anwachsens der Mitgliederzahl ging die Bruderschaft dazu über, im August 1950, laut Versammlungsbeschluß, das Bataillon wieder in drei Kompanien einzuteilen. Das zweite Schützenfest nach dem Kriege übertraf das vorjährige durch den wieder eingeführten Festzug durch die Straßen der Pfarren unter Anteilnahme der Bevölkerung. Angeführt wurde der Zug durch den Obersten Jos. Gerke (auch „Müpopo“ genannt – Münster populärster Polizeibeamter -). 12 Schützenbrüder konnten als Jubilare, auf Grund der 50jährigen Mitgliedschaft, die goldene Vereinsnadel verliehen werden. Schützenbruder Camps, der die Königswürde errang, verstand es auch mustergültig, alle Festteilnehmer in die richtige Stimmung zu versetzen. In seiner Festtagsrede wies er u. a. darauf hin, daß es notwendig sei, die heranwachsende Jugend für unsere Bruderschaft wieder zu gewinnen. Sein Wort fand Gehör und wurde sogleich in die Tat umgesetzt.
Zum 75jährigen Jubelfest war wieder eine Jungschützenkompanie zur Stelle. Unter sicherer Leitung des gewählten Hauptmannes W. Kroos und des Feldwebels B. Heitkötter zog sie im Jubelzug mit.
Vom Schützenbruder Wiro Camps wurde eine Jungschützenfahne und mit dem stadtbekannten Mäcky Reuter, ebenfalls Mitglied der Schützenbruderschaft, die Mützen gestiftet.
Nachdem nun die Jungschützenkompanie stand, wurde an die Gründung eines eigenen Spielmannszuges gedacht. Aus den Reihen der Jungschützen waren sofort viele bereit, zusätzliche Übungsstunden abzuleisten. Der Jubelkönig Josef Kroos erklärte sich spontan bereit, die erforderlichen Trommeln und Flöten zu stiften. Man mußte sich wundern, mit welch` einem Elan die neuen Spielmannsleute ihre Arbeit aufnahmen; ja man kann sagen, jeder war seinen Kameraden ein Vorbild. Schon im nächsten Jahr wurde der Schützenzug durch den eigenen Spielmannszug angeführt.
Als im Jahre 1952 der Ehrenpräsident Schumacher zu Grabe getragen wurde, ahnte wohl noch niemand, daß ein Jahr später der Platz des 1. Vorsitzenden H. Dropmann durch seinen Tod auch frei wurde.
Der derzeitige Ehrenpräsident H. Kreilmann, welcher uns auch im Jahre 1958 durch seinen Tod verließ, schlug innerhalb einer Generalversammlung den langjährigen 1. Schriftführer Th. Kimmina zum 1. Vorsitzenden vor. Durch diese Wahl, welche von der Versammlung einstimmig gebilligt wurde, trat nun ein Schützenbruder an die Spitze der Bruderschaft, welcher über 25 Jahre im Vorstand tätig war.
Im Jahre 1959 übernahm Anton Dropmann den Vorsitz und die Geschicke der Bruderschaft in seine Hand. Er führte sie bis zum Jahre 1962 zu weiterem Ansehen auf Mauritz und in Münster.
1962 wurde der ehemalige Oberst Josef Gerke von der Generalversammlung zum 1. Vorsitzenden gewählt. Ein junger, schaffensfroher Mann, der einen bewährten Mitarbeiterstab zur Seite hatte, reihte die Schützenbruderschaft in die führenden Bruderschaften der Stadt Münster ein.
Seine Tatkraft brachte es fertig, dass die Bruderschaft Mitglied des Zentralverbandes der Historischen Deutschen Bruderschaften wurde, wo er selbst als stellvertretender Diözesanbundesmeister tätig ist.
Erstmals seit bestehen der Bruderschaft wurde von den Schützenbrüdern Fahrten zum Rhein, zur Ahr und Mosel durchgeführt. Auch die Frauen der Schützenbruderschaft erlebten durch Ausflugsfahrten die schönen deutschen Lange. Alle Ausflüge schafften ein erneutes Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Bruderschaft.
Leider verstarb kurz vor dem 90jährigen Jubelfest die Majestät Otto Böttcher. Er war allen ein väterlicher Freund und großer Gönner des Vereins.
Es ist versucht worden, in diesem Jubeljahr erneut die Jungschützenkompanie zu erweitern, damit alle jungen Söhne der älteren Schützenbrüder in die Fußstapfen der Väter treten und wie sie getreu den Idealen „Glaube – Sitte – Heimat“ stehen.
Gesellige Höhepunkte im Leben einer Schützenbruderschaft müssen sein. Der Königsball kurz nach dem Schützenfest sowie der Winterball, meistens als Karneval gefeiert, sind die Höhepunkte im Jahresgeschehen einer großen Schützenfamilie. Da nach Ansicht der Gastronomen große Wirtschaftssäle unrentabel werden wegen Personalmangels, wurde unser langjähriges Lokas Deitert St. Mauritz geschlossen. Da aber in den letzten Jahren bereits das Königsschießen im Heidekrug – früher bekannt unter dem Namen „Mütterken in der Heide“ stattfand, so sind nunmehr auch die Feste in den gastlichen Räumen unseres Vereinsmitgliedes Hermann Althues. Zwar ist der Saal etwas klein, aber bei einer großen Schützenfamilie rückt man halt etwas näher zusammen. Jedenfalls ist die Stimmung immer auf dem Höhepunkt. Stets ist man darauf bedacht gewesen, die Feste würdig und gediegen zu gestalten, trotzdem aber Fröhlichkeit und Ungezwungenheit nicht einzuengen. wie gut es dem Vergnügungsausschuß, an der Spitze Bernhard Hankamp und Wille Kersting, der eigens für die Feste verantwortlich zeichnet, gelungen ist, zeigt der Umstand, daß die aufgezogenen Feste, als „die Feste von Mauritz“ bezeichnet werden. Der Phantasie sind bei der Ausgestaltung der Feste keine Grenzen gesetzt. Bei schwungvollem Rhythmus der beliebten Hauskapelle wurde manche Unruhe ins Tanzbein gebracht, daß sogar die älteren Schützenbrüder nicht auf den Sitzen blieben. Besonders sei erwähnt die Tombola, die immer mit geräuchertem Schinken und Mettwurst sowie Münsterschen Köm, echt westfälische Erzeugnisse an den Mann bringt. für die Losverkäufer ist es ein Leichtes, die Lose zu verkaufen. Oft hätten weit mehr Lose verkauft werden können, aber man ist bestrebt, nicht so viele Nieten in Umlauf zu bringen. Bis in den frühen Morgen geht das fröhliche Treiben und die Letzten wollen immer noch einen Schluck nehmen, bis der Wirt endgültig Feierabend oder guten Morgen gebietet. Die Mitglieder der Bruderschaft sind sangesfreudige Menschen, bei jedem Fest muß wenigstens das Vereinslied gesungen werden. Hierbei handelt es sich um einen Liedertext von Vereinsmitgliedern zusammengestellt. Wohlklingend ein richtiger Ohrwurm, der auch schon bei Bundeskönigsschießen fern der Heimat überall Anklang fand.
In jedem Jahr findet auch zur Adventszeit eine vorweihnachtliche Feier statt, bei der der St. Nikolaus erscheint und den Kindern eine große bunte Tüte überreicht. Kinder der Bruderschaft führen Märchen auf, die in wochenlanger mühseliger Arbeit von Schützenschwestern (Frauen unserer Mitglieder) einstudiert werden und von der manchen alten Teilnehmer an dieser vorweihnachtlichen Feier mit Tränen in den Augen an seine eigene Jugend zurückdenken läßt. Viel Beifall dankt den kleinen Theaterspielern.
Im allgemeinen sind für die Mitglieder der Bruderschaft St. Mauritz-Erpho die Jahre stetig und gleichmäßig abgelaufen. Neben den Berichten der Schriftführer waren im Ablauf der stets wiederkehrenden Ereignisse nichts besonders zu vermerken. Der 1. Schriftführer Karl-Heinz Junker und sein Mitarbeiter Adolf Schwermann haben all` das niedergeschrieben, was sich bis zu diesem Zeitpunkt ereignet hat. Die Protokolle der Versammlung werden ein Zeugnis über Geschehnisse der Bruderschaft abgeben und hoffentlich viele Jahre erhalten bleiben. Nur hin und wieder fiel doch etwas aus dem Rahmen, insbesondere wenn Kritik laut wurde, daß immer mehr Saalbetriebe schließen bzw. die Säle aufgeben und man bald bei der großen Schützenfamilie keine Möglichkeit mehr hat, entsprechende Feste auf St. Mauritz zu feiern.
Sicherlich hat auch dieser Zusand dem 1. Kassierer Josef Rose und dem 2. Kassierer Andreas Hünneke manchmal viel Kopfschmerzen bereitet. Wenn auch die Beiträge unserer Mitglieder für Feste und Musik gedacht sind, so erfordert es eine außerordentliche Geschicklichkeit, bei den heutigen Preisen und hohen Unkosten die Kasse in „Ordnung“ zu halten. Dieses hat der Kassierer Josef Rose in meisterhafter Weise verstanden, so dass die Schützenbruderschaft St. Mauritz-Erpho beruhigt dieses 100jährige Jubiläum feiern konnte.
Trotz verschiedener Meinungen wurde in jedem Jahr ein Festumzug gestaltet. Das Antreten geschah bei unserem Vereinswirt Franz Kinnebrock, wo auch zunächst ein Frühstück eingenommen wurde. Eine große Schar Schaulustiger nahm Kenntnis davon, wenn der Major Willi Kroos dem Oberst Heinz Rennekamp mit seinem Adjutanten Franz Saalmann meldete: „Schützenbruderschaft mit drei Fahnenabordnungen und 140 Mann angetreten.“ Hoch zu Roß nahmen dann diese drei Offiziere die Front ab. Mit klingendem Spiel ging es dann zum Königsschießen zum Heidekrug. Der vereinseigene Spielmannszug, unter der Leitung des Tambourmajors Radzieowski ließ dann manches Herz höher schlagen, wenn die alten Märsche erklangen. auch bei vielen Bundesveranstaltungen konnte dieses bewiesen werden. Voller Stolz konnten dann der 1. Vorsitzende mit seinem Vertreter Bernhard Nüssing sagen: „Das Fest ist gelaufen.“ Auch in einer Zeit, als der 1. Vorsitzende längere Zeit nicht aktiv tätig sein konnte, wurde in mustergültiger Art die Bruderschaft von B. Nüssing weitergeführt.
Zu dem Spielmannszug wurde ebenfalls noch eine Schießriege gegründet, die in kurzer Zeit auf Grund der Leistungen bis zur höchsten Klasse aufsteigen konnten. Durch diese Leistungen angestachelt, wurde dann auch unser König 1970 Wiro Camps beim Bundeskönigsschießen Diözesankönig, und wurde am 21.11.1970 im Friedenssaal durch den Bürgermeister der Stadt Münster empfangen. Eine großgroßartige Leistung, die an dieser Stelle besonders zu würdigen ist.
Die Bruderschaft ist und bleibt eine in sich festgefügte Gemeinschaft, die in den 100 Jahren des Bestehens manche Höhen und Tiefen erlebt hat. Die Geschichte ist geformt aus Frohsinn, Hilfsbereitschaft und Gottgläubigkeit, getreu den Idealen des Zentralverbandes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften.
Dies alles ist aber nur möglich, wenn alle Schützenbrüder den Bruderschaftsgeist weitertragen nach der alten Parole: „Was Du ererbst von Deinen Vätern, erhalt es um es zu besitzen.“ Die Bruderschaft trägt eine stolze Vergangenheit und eine hoffnungsvolle Zukunft in sich. So wird auf Mauritz-Erpho kräftig weiter wachsen, was immer dort gewesen ist: der Geist gemeinsamen Wirkens in Freude und schwerer Zeit – treue Kameradschaft -.
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© Oliver Göcke